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Die Gründung des Fachbereichs 1972

Gliederung:

  1. Einleitung
  2. Die ersten Veranstalungen 1971/72 und der Aufbau des Fachbereichs
  3. Auslaufen des Überregionalen Forschungsprogramms (ÜRF)

Einleitung

Nachdem das Informatik Memorandum fertiggestellt und vom Senat bewilligt wurde, kam es zur Einberufung eines Gründungsausschusses. Seine Aufgabe war es, das im Memorandum niedergelegte Modell umzusetzen. Studien und Prüfungspläne mußten ausgearbeitet, Berufungen und Einstellungen vorbereitet und dem Senat Vorschläge zur Kontstituierung des Fachbereichs vorgelegt werden.

Der Senat beantragte daraufhin die notwendigen Personal- und Sachmittel, die im Rahmen des ÜRF an die Hochschulen vergeben wurden.

Noch klang alles einfach. Zwar hatte es schon bei der Erstellung des Informatik Memorandums Verzögerungen gegeben, aber die Probleme, die zur Aufschub der wirklichen Gründung des Fachbereichs führen sollten, sollten erst noch kommen: denn auch der Gründungsausschuß verzettelte sich in Diskussionen, z.B. über die Zusammensetzung des Berufungsausschusses. So kam es, daß es erst 1972 zur eigentlichen Gründung des Fachbereichs Informatik kam, während man in München schon seit 1967/68 ein Fachgebiet Informatik innerhalb des Fachbereiches Mahematik eingerichtet hatte. Auch Karsruhe besaß schon 1968 ein Institut für Informatik, welches sich 1972 zur Fakultät für Informatik mauserte. Dennoch zählt Darmstadt mit der Gründung des Fachbereichs (welches weitaus schwierieger ist als ein bloses Fachgebiet innerhalb eines schon bestehenden Fachbereichs) zu den ersten Universitäten in Deuschland in denen die Informatik angeboten wurden. Ebenso hatte man in München und Karlsruhe den Vorteil, daß es bei der Entstehung der Informatik eine gradlinige Entwicklung gab, denn an beiden Universitäten gab es auch in den 60er Jahren Forschungsprojekte in diese Richtung. In Darmstadt dagegen gab es nach dem Ausscheiden Alwin Walthers und Karl Küpfmüllers vorerst kein Engagement diesbezüglich. Erst mit Robert Piloty konnte man Ende der 60er an alte Erfolge anknüpfen.

Zwischenzeitlich wurde das Fach Datentechnik eingerichtet, welches unter der Leitung Robert Pilotys stand und es den Studenten ermöglchte, sich schon vor der Entstehung des Fachbereichs mit "Informatik" zu beschäftigen, mit der Option nach der Einführung des Faches an der TH auch dorthin zu wechseln.

Die ersten Veranstalungen 1971/72 und der Aufbau des Fachbereichs

Die ersten Informatik Veranstaltungen fanden schon im Wintersemester 1971/72 statt, obwohl der Fachbereich noch gar nicht gegründet war. Man hatte sich dazu entschieden, den Studenten den Einstieg in das neue Fach so schnell wie möglich zu gewähren. Jedoch waren noch nicht genug Lehrstühle besetzt, um Grund- und Hauptstudium zu gewährleisten. Man hatte mit H.J. Hoffmann nur eine der zwei bewilligten Lehrstühle besetzen können, die anderen Veranstaltungen wurden von Robert Piloty, Helmut Waldschmidt und Hartmut Wedekind, die eigentlich anderen Fachbereichen angehörten, gehalten. Auf diese Weise konnte man zumindest das Grundstudium bewältigen, mit der Hoffnung, daß sich die Lage bis zum Beginn des Hauptstudiums gebessert haben würde. Man hatte Glück und die Rechnung ging auf, man konnte drei neue Professoren (Hermann Walter, David Parnas und Hans Tzschach dazugewinnen und auch Helmut Waldschmidt gehörte nun zum Fachbereich Informatik. Die angebotenen Fachrichtungen beinhalteten Programmiersprachen und Übersetzer (H.J. Hoffmann), Automatentheorie und formale Sprachen (Hermann Walter) und Betriebssysteme (David Parnas, Hans Tzschach und Helmut Waldschmidt).

Weitere Professoren und Fachgebiete kamen in den nächsten Jahren hinzu. so daß man 1976 zur Gründung folgender drei Institute gelangte:

  1. Institut für theoretische Informatik mit den Fächern Rechnerverkehrstheorie, Automatentheorie und formale Sprachen und Betriebssysteme II.
  2. Institut für praktische Informatik mit den Fachgebieten Programmsprachen und Übersetzer sowie Betriebssysteme I.
  3. Institut für Datenverwaltung und interaktive Systeme mit den Fächern Rechnerverkehrstheorie, Graphische Datenverarbeitung und Datenverwaltung.

Zur Zeit des Informatik Memorandums war man noch von 120 Studenten pro Jahrgang ausgegangen. Doch bald stellte sich heraus, daß es doch ein wesentlich größeres Interesse an dem Fach Informatik gab, als man anfänglich angenommen hatte. Der Andrang war so groß, daß man schon im Wintersemester 1973/74 einen TH internen Nummerus Clausus einführen mußte.

Sowohl das erste Diplom als auch die erste Promotion (Wolfgang Coy: Die Testkomplexität von Schaltkreisen) kamen 1975 zu stande, nur drei Jahre später war auch die erste Habilitation (Brigitta Schinzel: Über die Kategorie der Programmbündel) am neu gegründeten Fachbereich entstanden.

Auslaufen des Überregionalen Forschungsprogramms (ÜRF)

Im ÜRF war vorgesehen, daß der Bund 70% der anfallenden Kosten für die Einrichtung der Informatik übernehmen würde. Die verbleibenden 30% sollten vom jeweiligen Bundesland aufgebracht werden. Nach 5 Jahren, d.h. ab 1977, sollte in Darmstadt der Bundeszuschuß entfallen und das Land alleine die Kosten tragen. Dies war ein kritischer Zeitpunkt für die Informatik. Zwar war es dem Fachbereich Informatik noch möglich einen Informatikrechner zu erwerben, aber der Rest des Fachbereichs, vor allem die Stellenmittel waren nicht mehr gesichert. Das Land Hessen hatte keine Vorkehrungen getroffen, um die hessischen Universitäten nach Ablauf des ÜRF weiter mit Geldmitteln für die Informatik zu versorgen. Nun war die Hochschule auf sich alleine gestellt und mußte überlegen, ob sie den Fachbereich Informatik wieder abschaffen sollte, oder ob man auf anderem Wege den Erhalt des Studienganges bewerkstelligen könnte. Nach langem Bangen war es letztendlich durch Umverteilung freiwerdender Stellen anderer Fachbereiche und Stellenabbau in der Informatik selbst doch möglich den Fachbereich am Leben zu erhalten. Eine weise Entscheidung, wie es sich in späteren Jahren zeigen sollte.

Hiermit endet auch die große, bewegte Gründungs- und Etablierungsphase des Fachbereichs, dies bedeutet jedoch keinen Stillstand was die Forschung und weiterentwicklung des Faches betrifft.